Saturday 30 June 2007

Intuition im Management – Erfolgsradar innere Stimme

Die „innere Stimme“, die sich häufig dann meldet, wenn Entscheidungen zu treffen sind oder zukünftige Entwicklungen eingeschätzt werden sollen, ist im Management noch eine weitgehend ungenützte menschliche Ressource. So salonfähig diese Stimme oft im privaten Bereich ist, so wenig kultiviert wird sie meist im Arbeitsalltag. In dem nachfolgenden Beitrag zeigen wir auf, wie Sie diese Stimme finden und auch richtig einsetzen können.
Die Welt in und um Unternehmen wird immer komplexer, dynamischer und unvorhersehbarer. Zunehmend sehen sich Führungskräfte, vom Aufsichtsrat bis zum Teamleiter, in einer Zwickmühle: Gerade in turbulenten Zeiten wird von ihnen begründbare Handlungssicherheit erwartet, gleichzeitig versagen genau in dieser Situation immer häufiger die bewährten Denkmodelle und Instrumente rationaler Steuerung. Wer nun in der alten Logik weiterdenkt, wird pseudorationale Faktengebäude aufbauen, um unsichere Entscheidungen zu untermauern und die Illusion hundertprozentiger Kontrolle aufrechtzuerhalten. Denn wenn die Datengrundlage für Entscheidungen in den hochvernetzten Geschäftsfeldern zunehmend unübersichtlich und widersprüchlich wird, stößt auch das Prinzip berechnenden Controllings an seine Grenzen. Doch wie so oft birgt auch die aktuelle Krisensituation Chancen. Entscheidungsträger in Unternehmen besinnen sich auf eine bislang meist noch verborgene Ressource.
Welchen Nutzen hat Intuition im Unternehmensalltag? Die menschliche Intuition stellt seit jeher einen Zugang zu beachtlichen Fähigkeiten des Unbewussten dar: Entscheidungsfindung: Wenn die Informationslage zu dürftig oder widersprüchlich ist, verarbeitet Intuition die diffusen und logisch schwer fassbaren Daten.
Komplexitätsmanagement: Intuitive Urteile ermöglichen auch bei hoher Vernetzung und Veränderungsdynamik in der Arbeitswelt handlungsfähig zu bleiben.
Timing: Bei der Durchführung von Veränderungsmaßnahmen und Projekten ist neben einer exakten Planung das Gespühr für den Kairos, also das ‘richtige’ Timing und den ‘richtigen’ Zeitpunkt von Aktionen entscheidend .
Zukunftsvisionen: Um eine unternehmerische Vision zu entwickeln eröffnet Intuition den Zugang zu kraftvollen Symbolen und Leitbildern, durch die Mitarbeiter und Kunden auf einer unbewussten und intuitiven Ebene angesprochen werden.
Beziehungsgestaltung: Die intuitive Wahrnehmung subtiler Beziehungsinformationen und nonverbaler Signale der Mitarbeiter fördert die soziale Kompetenz von Führungskräften und trägt so zur Qualität der Arbeitsbeziehungen bei.

Kreativität: Unbewusste Potentiale und intuitive Assoziation stellen einen Schlüssel für Kreativität bei der Lösung eingefahrener Probleme und der Entwicklung von Innovationen dar. Dabei geht es nicht darum einen neuen ‘Heilsmythos’ für das Management zu entwerfen, sondern die Dominanz rationalen Denkens durch eine Aufwertung intuitiven Handelns auszubalancieren. In der aktuellen Unternehmenswelt wird Intuition jedoch noch immer oft als „irrationales Hirngespinst“ abgetan oder als „Inspiration von Genies“ mystifiziert. Für einen seriösen und pragmatischen Umgang mit Intuition als Kompetenz in Unternehmen taugen diese Polarisierungen nicht. Soll Intuition in die aktuelle Unternehmenskultur passen und keine exotische Randerscheinung bleiben, müssen sich intuitives und rational-methodisches Arbeiten konstruktiv ergänzen. Der Verweis auf Intuition ist auch per se kein Gütesigel. Unbewusste Prozesse können genauso durch Gewohnheiten und starre Schemata eingeschränkt sein. Damit Intuition zu einer unternehmerischen Kernkompetenz wird, kann sie von Führungskräften weiterentwickelt und professionalisiert werden.

Intuition als Radar für Chancen und Gefahren: Im unternehmerischen Alltag kann die intuitive Antizipation zukünftiger Entwicklungen von entscheidender Bedeutung sein. Wie Intuition als inneres Radar für Chancen und Gefahren dient, zeigt eine von Führungskräften häufig berichtete Szene, die Sie vielleicht aus Ihrem eigenen Alltag kennen: In einem Meeting geht es um die Initiierung eines wichtigen Projekts. Im Verlauf des Gesprächs stellt sich ein unangenehmes Gefühl ein, sie fühlen sich körperlich unwohl, sind vielleicht genervt oder schweifen oft ab. Sie versuchen kühl und sachlich zu bleiben, schließlich steht einiges auf dem Spiel. Doch das Gefühl bleibt, dazu kommen Phantasien vom Scheitern des Projekts und eine warnende innere Stimme meldet sich immer lauter. Obwohl Sie es nicht rational erklären können, beschleicht Sie der Verdacht, es könne mit dem geplanten Projekt zusammenhängen. Schließlich stehen Sie vor der Wahl den inneren Signalen nachzugehen oder sie als irrational ab zu tun und zu ignorieren. Aller Erfahrung nach zahlt sich an dieser Stelle das Vertrauen in diesen ‘inneren Berater’ aus. Bei vorsichtigem Nachhaken werden wesentliche Fehler im Detail oder falsche Grundprämissen deutlich, die im Eifer der Hochglanzpräsentation untergingen und die es im Weiteren rational zu prüfen gilt.

Wissenschaftlich lässt sich Intuition unter anderem als unbewusste Informationsverarbeitung interpretieren. Sie haben an vielen Stellen minimale Informationen über das Projekt und dessen Vernetzung im Gesamtzusammenhang auch unterhalb der Bewusstseinsschwelle aufgenommen. Diese verdichtet das Unbewusste zu einem Eindruck, der sich dann ganz urtümlich in der Körpersensorik oder als Phantasieszene äußert . Dass wir diesen nicht sofort rational begründen können, heißt oft nur, dass wir auf der bewussten Ebene eine
deutlich eingeschränktere Wahrnehmung und Interpretation haben. Das Beispiel zeigt gleichzeitig welche Herausforderung der Umgang mit Intuition mit sich bringt. Wer ihr nachgeht, muss sich eventuell anstrengenden Diskussionen und kritischen Fragen der Kollegen stellen. Orientierung im Dschungel schwieriger Entscheidungen. In hochkomplexen Entscheidungssituationen ist es gar nicht möglich, alle Fakten zu berücksichtigen und alle Möglichkeiten „durchzurechnen“. Häufig fehlen Informationen, oder es sind widersprüchliche Daten vorhanden, zudem fehlt es an Zeit, alle Fragen logisch abzuarbeiten. Intuitive und emotionale Faktoren spielen dann eine unerlässliche Rolle. Sie stellen den Zugang zu Erfahrungs- und Handlungswissen her, das häufig wesentlich schneller zu tragfähigen Entscheidungen führt.

Deutlich wird dies zum Beispiel in der Personalauswahl: Die Zeugnisse und standardiesierten Analysen einer Bewerberin geben nur ein schematisches Bild und Assessment-Center bilden zunächst nur das Verhalten in einer künstlichen Stresssituation ab. Es bleibt dem persönlichen und subjektiven Eindruck vorbehalten, wahrzunehmen, ob der Kandidat die Idealbesetzung im realen Arbeitskontext ist; ob er in das vorhandene Arbeitsteam passen wird, welche Potenziale er im zukünftigen Arbeitsplatz auch wirklich entfalten kann
und welche Eigenheiten später Probleme verursachen können. So kann das differenziert wahrgenommene Bauchgefühl eines Entscheidungsträgers, das für den einen Kandidaten trotz suboptimaler Fakten oder gegen den anderen trotz bester Analysen spricht, von hoher Relevanz sein. Navigieren in komplexen Veränderungsprozessen.Geschäftsprozesse, in denen intuitive Kompetenzen besonders zum Tragen kommen, sind Changemanagement-Aufgaben im Rahmen einer Unternehmensfusionierung. Sowohl in der Vorbereitung als auch in der Durchführung des Mergings müssen die Führungskräfte in einer überkomplexen Situation navigieren. Die Führungskräfte müssen dabei genauso administrative wie schöpferische Talente besitzen, um sich auf Inspiration und freie Assoziation einzulassen, auch wenn sie gewisse Regeln verletzt. Dass so viele Fusionen fehlschlagen, liegt nicht nur an wirtschaftlichen Fehlkalkulationen, sondern auch daran, dass die psychischen Anforderungen unterschätzt werden. Die intuitive Kompetenz einer Führungskraft kann ihr Komplexitätsmanagement maßgeblich unterstützen.

Sie erfasst zunächst eine Vielzahl vager Rahmenbedingungen, die in ihrer Auswirkung erheblich sein können, wie die Atmosphäre im Unternehmen, die Passung zweier Unternehmenskulturen zueinander oder die Wahrscheinlichkeit von Schnittstellen- konflikten. Die intuitionsgestützte Arbeit mit Zukunftsszenarien erlaubt eine Früherkennung problematischer Entwicklungen und lässt aus einer Bedrohung eine Chance werden. Intuition kann trainiert werden. Um Intuition zu trainieren werden zu Beginn Haltungen zur Intuition erkundet und Wahrnehmung geschärft. Eine überkritische Haltung ist genauso kontraproduktiv wie blindes Vertrauen. Um den Erfahrungshorizont zu erweitern ist dagegen eine möglichst offene und unvoreingenommene Haltung hilfreich.

Die weitere Professionalisierung von Intuition erfolgt durch eine zunehmend differenzierte Wahrnehmung intuitiver Signale: In welchen Sinneskanälen wird Intuition wahrgenommen: Als innere Bilder, innere Stimme oder Körpergefühl? Was ist die individuelle Sprache der Intuition? Eine Verspannung im Rücken könnte ein Stop-Signal sein („lass die Finger davon“), während ein Kribbeln im Bauch ein Start-Signal ist („ja, das ist der richtige Weg“). Eine kontinuierliche Reflexion der Intuition hilft sie von gewohnheitsmäßigen Automatismen, Vorurteilen oder Wunschphantasien zu unterscheiden. Die Stimme der Intuition hört sich nämlich anders an als die der Vorurteile; die Intuition ergibt andere Bilder als irritierende Projektionen.

Schließlich braucht die Intuition Raum und Zeit, um ihre Kräfte zu entfalten. Führungskräfte sind es oft gewohnt, natürliche Arbeitsrhythmen nicht einzuhalten, sondern statt dessen über physiologische und psychologische Grenzen hinwegzugehen. Nach einer Vorbereitungsphase bewusster Auseinandersetzung mit einem Problem braucht es eine Phase der Ruhe, in der sich die Informationen unbewusst sortieren können. Danach können dann die neugeordneten Informationen als Aha-Erlebnis ins Bewusstsein treten und schließlich praktisch geprüft und genutzt werden. Entwicklung von Intuition in der Unternehmenskultur. Wie kann eine Unternehmenskultur etabliert werden, in der Intuition als Kompetenz integrierbar ist? Nach aller Erfahrung wird sich ein Unternehmen mit einigen kulturell herausfordernden Fragen beschäftigen müssen:

- Welchen Stellenwert haben subjektive Perspektiven der Mitarbeiter und Führungskräfte und darauf basierende Entscheidungen?
- Werden im Unternehmen vom „Mainstream“ abweichende Haltungen und Ideen akzeptiert und unvoreingenommen geprüft?
- Wird die soziale, emotionale und intuitive Seite im professionellen Alltag als eigenständiger Wert berücksichtigt und nicht nur als notwendiges Übel hingenommen?

Viele der neueren Entwicklungen im OE-Bereich, wie das DIALOG -Verfahren, Open Space oder systemische Aufstellungen können zu einer intuitionsförderlichen Unternehmenskultur beitragen. Sie sprechen die TeilnehmerInnen mit allen Sinnen an, statt sie zu zwingen, eine überdimensionierte Agenda abzuarbeiten; sie schaffen eine offene, dialogische Atmosphäre, statt ermüdende Streitrituale und Argumentationsschleifen zu pflegen. Zum Abschluss möchten wir Ihnen eine einfache Übung (Metaphorische Problemlösung) vorstellen, die ihre Intuition anregen und praktischen Nutzen haben kann: Mit dieser Übung aktivieren Sie ihre persönliche Intuition zur Lösung einer Aufgabenstellung. Sie benötigen etwa 30 Minuten in einem ungestörten, hinreichend ruhigen Raum:

- Problemdefinition: Formulieren sie ein Problem, für dessen Lösung sie Ihre Intuition nutzen wollen.
- Zentrierung: Entspannen sie sich und werden Sie ruhig. Sie können dazu Atemtechniken, Autogenes Training oder Entspannungsmusik nutzen.
- Phantasie von Symbolen: Wenn das Problem etwas anderes wäre, was wäre es dann: Ein Theaterstück, eine Musik, ein Kunstwerk, ein Bauwerk, eine Landschaft etc.? Lassen Sie sich für diesen zentralen intuitiven Schritt Zeit und bilden Sie weitere Assoziationen.
- Interpretation: Nutzen Sie Mindmapping, um die Informationen zu dokumentieren. Betrachten Sie die einzelnen Bildelemente und suchen Sie nach Parallelen und Verbindungen zu Ihrer Ausgangsfrage.
- Lösungsfindung: Übersetzen Sie die intuitiven Informationen nun in Lösungen und Alternativen: Welche neuen Perspektiven ergeben sich durch die Symbole? Auf welche neuen Handlungsoptionen weisen die Bilder in ihrem professionellen Kontext hin?

Weitere Informationen und Trainingsangebote werden folgen.

1 comment:

Anonymous said...
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