Wednesday 27 June 2007

Der Dialogprozess: Die Arbeit mit dem Dialog

In der Fortsetzung dieser Arbeit wurde uns immer klarer, dass dieser Dialogprozess ein sehr wirksames Mittel ist, zu verstehen, wie Denken funktioniert. Wir sahen, dass unsere Welt fast ausschließlich von menschlicher Initiative und folglich von menschlichem Denken erschaffen wird. Der Raum, in dem wir sitzen, die Sprache, in der diese Worte geschrieben sind, unsere nationalen Grenzen, unsere Wertsysteme, und sogar das, was wir für unsere direkte Wahrnehmung der Realität halten, sind eigentlich Manifestationen der Art und Weise, wie Menschen denken oder gedacht haben. Wir begreifen, dass wir Krisen nicht bewältigen und nicht mehr als temporäre Lösungen für die gewaltige Menge menschlicher Probleme finden können, wenn wir nicht willens sind, die Situation genauer anzuschauen und tiefere Einsichten daraus zu gewinnen.

Wir verwenden das Wort "Gedanke" hier nicht ausschließlich als Bezeichnung für die Ergebnisse unseres bewussten Intellekts, sondern auch als Bezeichnung für unsere Eindrücke, Gefühle, Absichten und Wünsche. Es schließt auch subtiles, konditioniertes Lernen ein, wie jenes, welches uns gestattet, der Szenenfolge eines Kinofilms Sinn zu geben oder abstrakte Symbole auf Straßenschildern zu verstehen. Dazu gehören auch die stillen, nicht sprachlichen Prozesse, die wir benützen, wenn wir uns mechanische Basisfähigkeiten wie Radfahren aneignen. Im Wesentlichen ist ein Gedanke sozusagen die aktive Reaktion des Gedächtnisses auf jede Lebensphase. Im Grunde genommen wird unser gesamtes Wissen in Form von Gedanken generiert, entwickelt, kommuniziert, verändert und angewandt.

Damit diese Auffassung noch deutlicher wird, schlagen wir vor, mit Hilfe von ein wenig Achtsamkeit auch das, was man rationales Denken nennt, als konditionierte Reaktionen, die von früheren Gedanken gesteuert sind, wahrzunehmen. Wenn wir das, was wir im allgemeinen für die Realität halten, genau betrachten, dann beginnen wir zu sehen, dass sie eine Ansammlung von Konzepten, Erinnerungen und Reflexen ist, die ihrerseits von unseren persönlichen Bedürfnissen, Ängsten und Wünschen gefärbt sind. Diese wiederum werden vom Umfang unserer Sprache, unseren historischen, geschlechtsbezogenen und kulturellen Gewohnheiten eingeschränkt und verzerrt. Es ist sehr schwierig, dieses Durcheinander zu analysieren oder jemals sicher zu sein, ob unsere Wahrnehmung - oder das, was wir über diese Wahrnehmung denken - überhaupt stimmt.

Was diese Situation so ernst macht ist, dass unser Denken diese Probleme im allgemeinen vor unserem unmittelbaren Bewusstsein verbirgt und uns erfolgreich vorgaukelt, die Methode mittels derer jeder einzelne die Welt interpretiert, sei die einzig vernünftige.
Wir brauchen ein Mittel, das den Denkprozess verlangsamt, sodass wir ihn beobachten können noch während er abläuft.

Unsere physischen Körper haben eine Fähigkeit, die dem Denken fehlt. Wenn sie einen Arm heben, dann wissen sie, dass sie diese Aktion ausführen wollen, dass es nicht jemand anderer ist, der es für sie tut. Dies nennen wir Propriozeption oder Eigenempfindung. Wir können uns unserer Körperbewegungen bewusst sein noch während sie ablaufen, aber im Bereich des Denkens fehlt uns diese Fähigkeit meistens. Ein Beispiel: Wir bemerken nicht, wie unsere Haltung einer bestimmten Person gegenüber stark davon beeinflusst wird, wie wir über jemand dritten denken, der im Verhalten oder Aussehen dieser Person gleicht. Wir gehen davon aus, dass unsere Haltung direkt vom momentanen Verhalten unseres Gegenübers bestimmt ist. Das Problem mit dem Denken ist: Jene Art der Achtsamkeit, die nötig ist, um die Inkohärenz zu bemerken, steht uns dann, wenn wir sie am dringendsten brauchen, selten zur Verfügung.

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