Wednesday 27 June 2007

Dialog in bestehenden Organisationen

Bis jetzt haben wir hauptsächlich Dialoge besprochen, welche Personen mit eher unterschiedlichem Hintergrund zusammenbringen. Sein großer Wert kann aber auch von Mitgliedern einer bestehenden Organisation erfahren werden; als Methode, die Kreativität des Unternehmens zu fördern und zu bereichern.

In diesem Fall wird sich der Dialogprozess entscheidend verändern. Die Mitglieder einer bestehenden Organisation werden wahrscheinlich schon unterschiedliche Beziehungen untereinander und mit ihrer Organisation entwickelt haben. Da gibt es vielleicht eine existierende Hierarchie oder ein starkes Bedürfnis, Kollegen, das Team oder eine Abteilung zu schützen. Da könnte es Ängste geben, Gedanken zu formulieren, die als Kritik an Ranghöheren oder an Normen innerhalb der Organisationskultur gesehen werden. Es könnte so scheinen als wären Karrieren oder die soziale Akzeptanz einzelner Mitglieder durch eine Teilnahme an einem Prozess gefährdet, der Transparenz, Offenheit, Ehrlichkeit Spontaneität und ein tiefes gegenseitiges Interesse an anderen betont. Lang verborgene Wunden können aufbrechen.

In einer bestehenden Organisation ist es sehr wahrscheinlich, dass der Dialog mit einer Untersuchung all jener Zweifel und Ängste beginnen muss, welche die Teilnahme sicherlich hervorbringt. Vielleicht müssen Mitglieder mit einer ziemlich genauen Agenda beginnen, von der sie dann auch ermuntert werden, abzuweichen. Das ist anders als mit den einmaligen oder selbstgewählten Gruppen, in denen TeilnehmerInnen mit jedem Gesprächsgegenstand beginnen können. Aber wie schon gesagt, kein Thema sollte ausgeklammert werden, denn schon der Impuls, bestimmte Themen auszuschließen, ist reiches Material für eine Erkundung.

Die meisten Organisationen haben an sich schon vorbestimmte Ziele und Zwecke, die selten in Frage gestellt werden. Auf den ersten Blick scheint das vielleicht nicht zusammenzupassen mit dem freien und offenen Spiel der Gedanken, das für den Dialogprozess so wesentlich ist. Aber auch das kann gemeistert werden, wenn den TeilnehmerInnen von Anfang an geholfen wird, zu sehen, wie wichtig das Berücksichtigen dieser Themen für das Wohlbefinden der Organisation sein kann und dass damit sowohl die Selbstachtung der TeilnehmerInnen als auch die Wertschätzung durch andere vermehrt werden kann.

Das kreative Potential von Dialog ist groß genug und gestattet das zeitweise in Schwebe halten jeglicher Strukturen und Beziehungen, welche die Organisation ausmachen.


Schließlich wollen wir betonen, dass wir Dialog weder als Allheilmittel noch als Methode oder Technik sehen, die geschaffen ist, um an die Stelle aller anderen Formen sozialer Interaktionen zu treten. Nicht jede/r wird ihn nützlich finden, noch wird er in jedem Kontext brauchbar sein. Es gibt viele wertvolle therapeutische Methoden für Gruppen und es gibt auch genug Aufgaben, die eine starke Führung und eine straffe Organisationsstruktur verlangen.

Eine Menge der hier geschilderten Arbeit kann selbständig getan werden, und wir wollen sehr dazu ermutigen. Viele der hier vorgestellten Ideen sind immer noch Gegenstand des fortwährenden Forschens. Sie sind nicht als unabänderlich zu betrachten, sondern können in Ihrem eigenen Dialog hinterfragt werden.

Dialog soll ein freies Spiel sein, eine Art gemeinsamer Tanz unseres Geistes, der trotzdem immense Macht hat und kohärenten Sinn ergibt. Einmal begonnen, wird er ein ständiges Abenteuer, das den Weg für bedeutende und kreative Veränderungen bereitet.

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