Wednesday 27 June 2007

Wesenszüge aus der Gestaltung einer Dialogsitzung

(nützliche Anhaltspunkte für Teams)

Der Aufbau und die Förderung des Dialogs ist eine Disziplin für sich, deren Verständnis Respekt und Hingabe erfordert.


»Tätiges Innehalten«
Viele Leute behaupten, dass die beste Strategie für die Bewältigung schwieriger Probleme im Grunde weder darin besteht, über Lösungsmöglichkeiten nachzudenken noch sie zu diskutieren, sondern einfach zu handeln.
Beim echten Dialog denken wir allerdings nicht über unser Tun nach,

– sondern wir tun etwas für unser Denken.
– Wir sprechen auf eine Weise, die tiefere Einsichten vermittelt und den Denkprozess transparent macht.

Das kann wesentlich effektiver sein als alle anderen Maßnahmen, die Sie ergreifen – auch wenn es für einen Außenstehenden so aussieht, als ob nicht viel geschieht.


Entschiedene Absicht, aber keine Entscheidung
Der Dialogprozess fördert die Entwicklung einer gemeinsamen Erkundungs-Intention. (das englische Wort »Inquiry« – »Erkundung, Frage« – stammt von dem lateinischen Wort inquaerere ab, »im Innern suchen«.)

Der Dialog wird scheitern, wenn wir ihn ausschließlich auf die Funktion der Entscheidungsfindung reduzieren.
Das würde den freien Fluss der Erkundung blockieren.
(Der englische Begriff »Decision« geht auf das lateinische Verb decidere zurück und bedeutet wörtlich »Optionen töten«.)
Am besten ist es daher, sich dem Dialog unvoreingenommen zu nähern, ohne ein bestimmtes Ergebnis im Hinterkopf zu haben, aber in dem Bestreben, tiefer in die Materie einzudringen, eben neue Optionen zu erkunden, gleichgültig, wohin uns das führen mag.


Ein sicherer Rahmen birgt Gefahren

Oftmals äußern wir den Wunsch nach einer sicheren Umgebung, in der wir schwierige Themen und Beziehungen untersuchen können.
Die Sicherheit im Dialog resultiert aber direkt aus der Bereitschaft, sich auf das Unbekannte, das Gefährliche einzulassen. Ein Pädagoge erklärte mir das einmal so:

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»Erziehung ist ein Prozess, in dem man die Seele im Geiste eines aufgeklärten Gedankenaustausches gefährdet.«
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Das ist der Geist des echten Dialogs.


Individuell und kollektiv zugleich

Einige der bedeutendsten Beiträge zum gemeinsamen Gespräch kommen häufig von Menschen, die lernen, wie man zuhört – nicht der Gruppe, sondern sich selbst. In diesem Fall spricht die innere Stimme im Herzen, Geist und Körper des einzelnen, weil der kollektive Dialog um ihn herum stattfindet.

Erzeugt der Einzelne diese neue Wahrnehmung aus sich selbst heraus?
Oder verschafft sich die gemeinsame Bedeutung der Gruppe durch ihn einen Ausdruck?


Aus Sicht des echten Dialogs geschieht beides.

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